Geißel der Zeit soll
eine Kolumne sein, von der wöchentlich ein neuer Teil erscheinen und einen
anderen Abschnitt unserer heutigen Gesellschaft beleuchten soll. Die Aussagen
sollen keine Wertung darstellen und spiegeln lediglich die Meinung des Autors
wieder. Die Inhalte sind bewusst provokativ formuliert und sollten daher nicht
zu ernst genommen werden. Es darf in der Kommentarsektion kräftig über die
Themen diskutiert werden.
Drehen wir die Zeit etwas
zurück. Im Mittelalter war es nicht üblich, dass man auf die Straße
ging und jemanden traf, der dieselben Schuhe, Hosen oder Hemden trug
wie man selbst. Es war üblich sich selbst seine Sachen aus dem
anzufertigen, was man hatte, oder sie sich weben zu lassen. Später
übernahm der Schneider dieses Amt. Heutzutage haben Textildiscounter
oder große Modeketten Einzug in unser Leben gefunden und heutzutage
ist es viel schwieriger aus der Menge herauszustechen. Wenn man auf
die Straße geht, trägt vielleicht nicht jeder exakt dieselbe
Kleidung, aber die Kleidung folgt immer dem gleichen Stil, oder wie
man sagt der Mode.
Das Angebot ist gefühlt
viel größer, aber eigentlich ist es schmaler. Man hat nicht so eine
große Auswahl im Modegeschäft wie man glaubt. Die Auswahl
beschränkt sich auf vielleicht 10 Kleidungsstücke pro Art in 100
Größen, aber von nur einer Modegattung. Die Discounter geben in
gewisser Weise unseren Geschmack vor. Ich erwische mich selbst auch
häufig dabei, Leute zu beschmunzeln, weil ihr Kleidungsstil nicht in
die Mode passt. Dabei sollte man eigentlich froh sein, dass es noch
Ausreißer gibt. Der Individualismus wird auf jeden Fall durch
Modeketten eingeschränkt. Schon der Begriff Modekette ist eigentlich
eine Unart an sich. Einerseits die Kette die wohl kaum Mode machen
sollte. Andererseits ist Mode auch Geschmacksabhängig. Aber der
Geschmack wird immer nur geprägt von dem was man sieht. Die meisten
Leute möchten sich wohl keine Gedanken über ihr eigenes äußeres
machen und das muss ja auch Niemand, aber die immer gleichen
Identitäten unterwegs zu sehen ist schon irgendwie langweilig. Wo
ist unsere viel gelobte, neu gewonnene Individualität ?
Dieses genannte Phänomen
beschränkt sich nämlich nicht nur auf die Kleidung, sondern
mittlerweile z.B. auch auf Frisuren. Wenn ich zum Friseur gehe, fällt
mir die Auswahl schwer, da ich eigentlich nicht so aussehen will wie
alle anderen, aber irgendwie gibt es auch nicht so viele andere
Frisuren (also wenn sie nicht total absurd aussehen sollen...) und
irgendwie will man ja auch modern aussehen. Und rebellisch. Aber das
ist man irgendwie dann gerade nicht. Wenn alle rebellisch sind, ist
dann noch jemand rebellisch ? Irgendwie nicht. Gut wir reden vom
Aussehen. Handeln ist was anderes, denn das macht heutzutage keiner
mehr.
Also drückt diese
Eintönigkeit im Aussehen irgendwie eine Belanglosigkeit aus ? Keine
Sorge, das soll kein Angriff auf irgendjemanden sein. Jede Generation
hatte ihren Stil und Abwechslung war irgendwie schon immer verpönt.
Darüber hinaus muss man ja auch nicht nach etwas aussehen um etwas
zu verkörpern. Viel mehr bestimmen die Handlungen, was man ist. Nur
sehe ich immer öfter Modeticks, die ich nicht verstehe. Kleidung die
total hässlich ist und plötzlich von jedem getragen wird, was sie
per Definition zur Mode macht. Ich hatte mit der Eintönigkeit kein
Problem, wenn der Stil immer akzeptabel ist. Ich habe auch nichts
gegen ausgefallen Mode (oben angesprochene Individualität), aber
wenn plötzlich jeder mit solchen Sachen rumläuft, die ich nicht
mindestens normal finde, bin entweder ich derjenige mit der
Geschmacksverirrung oder alle anderen rennen blind einem Trend
hinterher. Dann wird Individualismus wieder zu Konformität. Es geht
einfach nicht in meinen Schädel rein, wie Leute blind solchen
vermeintlichen Moden hinterherlaufen können. Und ganz nebenbei
verstehe ich nicht, wer solche Trends in die Welt setzt. Auf
Modenschauen sieht man manchmal so obskures Zeug, das (Geschmack hin
oder her) nicht nur nicht schön, sondern im Alltag auch untragbar
ist. Und die Modeschöpfer verdienen nun wie Anerkennung dafür ? Ich
weiß nicht ob Modeschöpfung eine Kunstform ist oder sein sollte.
Primär sollte Kleidung eine Schutzfunktion haben. Darüber hinaus,
sollte sie gut aussehen oder manchmal meinetwegen eine Botschaft
haben. Wenn die Kleidung beides nicht erfüllt, dann kann man hier
weder von Handwerk noch von Kunst reden.
Ich weiß jetzt auch
nicht wie ich mich aus diesem Gedankensalat wieder hinaus manövriere.
Vielleicht gehe ich jetzt erstmal meine eigene Kollektion entwerfen
oder so...